Das vierte Trimester – Babytragen erleichtert das Ankommen

- Kategorie : Buzzidil , BuzziTai , Familienleben , Tragetipps , Wrapidil
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In den 9 Monaten einer Schwangerschaft hat es Dein Baby dunkel, warm, geborgen. Mit der Geburt wird plötzlich alles anders.

„Warum kann ich mein Baby nicht ablegen?“
„Mein Baby ist nur dann zufrieden, wenn es bei mir ist.“
„Ich kann nicht mal fünf Minuten ohne mein Baby was machen – immer will es nur getragen werden.“


Kommen dir diese Sätze bekannt vor? Wahrscheinlich, denn so geht es vielen Eltern in den ersten Wochen nach der Geburt. Das hat auch einen Grund: Das vierte Trimester.

Plötzlich alles anders

Als werdende Eltern habt ihr vermutlich gehört: „Mit einem Kind wird alles anders“.

Mit der Geburt wird aber nicht nur für die Eltern alles anders – sondern auch für das Baby. Der Start ist für dein Baby gar nicht so einfach. Ein Neugeborenes findet eine Welt vor, in der fast alles fremd ist. Alles außer Mama.

Veränderungen der Umwelt, Geräusche, Licht, Temperaturschwankungen, Verdauung – all das ist deinem Baby neu. Vieles wirkt auf Dein Baby beängstigend. Ganz besonders, dass es von seiner Mama jetzt körperlich getrennt ist.

Babys zeigen diese Verunsicherung durch ihr Weinen. Dein Baby weint, weil es von dir gehalten werden möchte. Weil es nah an dir dran sein möchte, weil du die einzige Person bist, die es bisher kennt und dein Baby alles auf dich setzt.

Was dir vielleicht aufgefallen ist: In den ersten Tagen ist die Sache mit dem Ablegen nach dem Stillen oder Füttern gar nicht so schwer – viele Neugeborene schlafen in den ersten Tagen immer und überall. Die Geburt ist eine enorme Kraftanstrengung – für Mama und Baby. Diese Zeit ist übrigens ideal, um auch selbst Kraft zu tanken, denn es kann sein, dass sich dieses Verhalten nach zwei bis drei Wochen ändert – und dann sind wir bei den oben genannten Sätzen.

Was ist das vierte Trimester?

Das vierte Trimester beschreibt die ersten drei Monate nach der Geburt. Was in dieser Zeit hauptsächlich passiert:

  • Dein Baby kommt langsam in dieser Welt an, lernt seinen Papa kennen
  • Ihr lernt euer Baby kennen, lernt seine Bedürfnisse zu verstehen
  • Es ist der Grundstein für eure tiefe Beziehung und Bindung miteinander und zueinander


Aber was heißt das jetzt genau?

Es gibt Babys, die scheinen mit den Veränderungen in der für sie neuen Welt gut zurecht zu kommen: Dein Baby ist zufrieden, es weint wenig, du kannst es auch einmal ablegen und musst es nicht ständig tragen. Diese Babys werden gerne als „pflegeleicht“ bezeichnet, „Anfängerbaby“ oder man hat eben „Glück gehabt“.

Diese Formulierungen suggerieren aber auch, dass Eltern mit einem Baby, das mit dem Ankommen in der neuen Welt mehr Schwierigkeiten hat, Pech hätten. Das stimmt so überhaupt nicht. Nicht umsonst heißt es, dass die ersten drei Monate nach der Geburt die anstrengendsten sind. Das Baby ist unruhig, es weint viel, es fordert ständig Körperkontakt und ist nur dann zufrieden, wenn du in der Nähe bist – kommt dir bekannt vor? Ich kenne das auch gut.

Was wir nicht vergessen dürfen: Jedes Baby ist anders. Es gibt Babys, die lassen sich ganz einfach ablegen, ruhen stärker in sich – und dann gibt es Babys, die mehr Nähe brauchen und nur mit engem Körperkontakt zufrieden sind.

Steinzeit-Babys

Eines ist aber klar: Auch wenn dein Baby „anspruchsvoller“ ist/wird, dann hast du nichts falsch gemacht.

Aus einer anthropologischen Sicht ist das eigentlich auch der einzig sinnvolle Weg. Ein Steinzeit-Baby (und ja, auch Dein Baby ist noch immer, wenn es zur Welt kommt in vielerlei Hinsicht so ein Steinzeit-Wesen), wäre verloren gewesen ohne den ständigen Körperkontakt zu seinen Eltern. Erfroren, verhungert, gefressen. Genau so drastisch ist es. Und dieses Wissen schlummert instinktiv in unseren Kindern.

Deshalb ist es normal, dass sich dein Baby in deiner Nähe am wohlsten fühlt und davon gar nicht genug bekommen kann. Dass dein Baby fordernder wird, hat nichts mit elterlicher Inkompetenz zu tun sondern zeigt vielmehr dass euer Baby genau weiß, was es lebensnotwendig braucht.

Entwicklungsschub, Gebärmutterheimweg oder Reizüberflutung?

Letztendlich ist es egal, wie du das vierte Trimester nennen möchtest oder welche Gründe du suchst, warum dein Baby so viel Körperkontakt verlangt. Was dein Baby braucht um zufrieden zu sein, sind Bedingungen, die möglichst ähnlich zu jenen in den vierzig Wochen der Schwangerschaft sind: Babys  wollen die Nähe ihrer Eltern, sie wollen gestillt werden und in Bewegung bleiben, deinen Herzschlag hören und dich riechen – alles Bausteine, die ihnen bereits vertraut sind in der so neuen Welt.

Und wenn wir uns das näher anschauen, ist es doch auch ganz logisch: Auch wir Erwachsene klammern uns in neuen Situationen, die uns zuerst überfordern an Strohhalme, die wir schon kennen. Das macht dein Baby jetzt auch. Und so wie es „zufriedenere“ und „forderndere“ Babys gibt, gibt es auch Erwachsene, die einfach springen und darauf vertrauen, dass es irgendwo weiter unten ein Netz gibt, das dich notfalls fängt, und Erwachsene, die auf Veränderung mit großer Unsicherheit reagieren.

Viel davon, wie Erwachsene mit neuen Situationen umgehen liegt wiederum in ihrer Kindheit begründet. Haben sie zB als Babys dieses Netz vorgefunden – wurden sie durch einen liebevollen, verlässlichen Umgang ihrer Eltern sicher gebunden? Konnten sie sich auf ihre Eltern verlassen? Alls das stärkt nämlich fürs Leben.

Alles unter einen Hut bringen

Die Schwierigkeit, die sich in vielen Familien aber stellt, ist die Frage, wie denn die Bedürfnisse des Babys mit dem Eltern-Alltag zusammenpassen. Die Anforderungen an Eltern sind enorm – und das Konzept der Kleinstfamilie (Mama, Papa, Kind) lässt Eltern mit oft überbordenden Erwartungen im Regen stehen. An sich heißt es, es braucht ein Dorf, um ein Kind großzuziehen. Dieses Dorf fehlt.

Großeltern lassen sich manchmal einbinden – manchmal aber auch gar nicht. Manchmal bekommen Eltern auch Gegenwind aus ihrem Umfeld... RatSCHLÄGE, dass „man“ nicht immer rennen muss, wenn das Kind weint oder dass „man“ das Kind zu kleinen „Tyrannen“ erzieht, wenn man es trägt oder im Familienbett schlafen lässt. Hier kommt sehr viel vermeintliches Erziehungswissen hoch und wird dann als Lebensweisheit verkauft. Echte Unterstützung und Hilfe wären natürlich wünschenswerter.

Mein Tipp: Lass dich in deinem Weg nicht beirren. Jede Familie ist anders, jede Familie macht es anders. Stillen, Familienbett und Tragen sind keine Garantie für ein glückliches Familienleben – es sind aber sinnvolle Bausteine, die dir den Alltag mit deinem Baby erleichtern können. Am wichtigsten ist, dass du dir möglichst wenig Druck machst.

Meine Erkenntnisse

Nach vier Kindern kann ich eines sagen: Phasen kommen und gehen. Das möchte ich dir auch mit auf den Weg geben: Es geht vorbei. Diese Phase endet. Meist so nach drei Monaten wirst du bemerken, dass dein Baby viel offener ist, es wird die ersten neugierigen Blicke aus der Babytrage wagen, es wird aufmerksamer und beginnt, die Umwelt wahrzunehmen. Und nach diesen mutigen ersten Schritten verlangt es wieder nach Sicherheit, Nähe, Körperkontakt - es ist ein Wechselspiel, ein Hin und Her, das noch viele Jahre so bleibt.


Mein Mantra für dich:
Ich verwöhne mein Baby nicht, wenn ich es viel trage. Ich verwöhne mein Baby nicht, wenn ich auf seine Bedürfnisse eingehen. Ich mache es richtig, wenn ich auf mein Baby höre. Ich lebe MIT den Bedürfnissen meines Kindes leichter als dagegen an.


Lass dich nicht verunsichern von dem „Tyrannen-Geschwätz“ – ein Baby, dessen Bedürfnisse gedeckt werden, wird gestärkt, nicht verwöhnt.

Notfallplan für das vierte Trimester

Was ich dir mit auf den Weg geben möchte, sind ein paar Tipps für das vierte Trimester:

  • Binde deinen Partner ein. Babys bekommt Mama nicht allein – seid von Anfang an ein Team. Wickeln, Baden, Baby schaukeln – all das geht im Team viel entspannter als allein. Gerade Papas, die wirklich voll eingebunden sind, haben später auch einen guten, engen Kontakt zu ihren Kindern.
  • Gute Ernährung: Gerade wenn du stillst, braucht dein Körper viel Obst und Gemüse, eine ausgewogene, reichhaltige Ernährung mit gesunden Kohlenhydraten. Und dann gibt es auch die Tage, da ist die Tafel Schokolade dein bester Freund – das ist okay!
  • Unterstützung: Nimm JEDE Unterstützung an, die Du bekommen kannst. Von deinem Partner, von Freunden, von den Großeltern. Und wenn es nur ein guter Kuchen ist. Wenn dir alles zuviel wird, dann frag auch gezielt um Unterstützung. Kulturell gesehen war das Wochenbett eine Zeit der Erholung und des Ankommens. Frauen wurden bekocht, der Haushalt wurde ihnen abgenommen. Das ist in unserer schnellen Gesellschaft völlig verloren gegangen. Plötzlich sollen Gäste bewirtet werden, die Baby schauen kommen. Was für ein Unsinn!
  • Austausch mit anderen Mamas/Papas: Wenn dir die Decke auf den Kopf fällt, dann such dir eine Stillgruppe, eine Gruppe für Rückbildungsgymnastik, eine Spielgruppe - es ist im Grunde ganz egal, denn eigentlich geht es nur darum: Tausche dich mit anderen Eltern aus. Du wirst sehen, du bist nicht allein und das tut unglaublich gut. Gemeinsam mit anderen Müttern mit den Babys am Boden sitzen ist wesentlich besser als allein zu Hause.
  • Entspannungstechniken: Auch schon während der Geburtsvorbereitung spielen Entspannungstechniken eine große Rolle – probiere sie mal aus, starte mit kurzen Meditationen. Vielleicht hilft es dir, vielleicht findest du es aber auch ganz blöd.
  • Bewegung: Natürlich ist damit jetzt kein Sport gemeint, denn du bist im Wochenbett und dein Körper braucht dringend Zeit, sich zu erholen. Was du aber machen kannst: Spazieren gehen. Das macht den Kopf frei und tut unglaublich gut. Beginne mit kleinen Runden, um dich nicht zu überfordern.
  • Babytragen ist nicht nur im vierten Trimester ein wichtiger Baustein, um den engen Kontakt zu halten, aber gleichzeitig deinen Alltag zu meistern. Du hast die Hände frei, du kannst dich bewegen und bist nicht nur an die Couch oder an das Bett gebunden.

Das vierte Trimester und darüber hinaus

Nach drei Monaten ist es nicht vorbei. Dein Baby wird mutiger, es entdeckt seine Umwelt intensiver, es öffnet sich mehr, es wird sich irgendwann von dir entfernen – aber eines bleibt gleich: Du bleibst sein sicherer Hafen. Auf dich kann sich dein Baby verlassen. Die liebevolle Umsorgung endet also nicht nach drei Monaten, sondern es geht weit darüber hinaus, weil dein Kind auch weiterhin gekuschelt und gehalten werden möchte.


So ist es nicht verwunderlich, dass viele Familien bis ins Vorschulalter tragen – das klingt jetzt vielleicht befremdlich für dich, wenn du gerade noch ein Baby zu Hause hast. Das Tragen hattest du eigentlich nur ein Jahr vor, vielleicht 1,5 Jahre. Aber dann soll das Kind doch bitte selbst laufen, es hat doch gesunde Beine. Und zu schwer ist es dann auch….. Ja, das kenne ich gut von meinen Kindern. Bis sie dann mit drei Jahren beim Wandern noch immer stückweise in die Trage kamen, weil es ihnen einfach zu viel war.


Zum Thema „Kleinkinder tragen“ haben wir einen eigenen Beitrag verfasst, denn ein Thema wird dabei vergessen: Kleine Beine werden auch schneller müde – und das Tragen von Kleinkindern bietet viele Vorteile im Alltag. Es geht dabei nicht mehr um die Notwendigkeit, weil dein Baby noch nicht laufen kann, sondern es geht um eine Unterstützung in schwierigen Zeiten, damit sich dein Baby emotional regulieren kann.


Kinder haben ist ein großes Abenteuer – mit vielen Highlights und vielen Herausforderungen. Die ersten Schritte. Vielleicht kommen Geschwister? Kindergartenbeginn, Schulstart. Die Pubertät... Aber am Ende erzählen mir viele ältere Leute: „Das beste in meinem Leben... waren meine Kinder“. Und auch wenn ich noch mittendrin stehe – mir wird das auch täglich mehr bewusst.

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